23. Februar 2024 | Im Gespräch mit
Mittel zum Leben – in Zeiten globaler Herausforderungen
Im Gespräch mit Jörg Hieber, Firmengründer
„Erst Corona, dann Ukraine-Krieg, Inflation, dann der Überfall der Hamas in Israel. Dazu Missernten und Lieferprobleme bei der Versorgung haben mich bewegt und über die Situation nachdenken lassen.
Gedanken zum „Mittel zum Leben“, sprich Lebensmittel.
Wasser und was zum Essen ist das einzige Grundbedürfnis zum Überleben.
Der Ernährungswandel hin zu mehr pflanzenbasierten Lebensmitteln ist Thema unserer Zeit. Es gab Zeiten, da hatten wir andere Probleme in der Ernährung – wie werden wir satt?
Wir verdanken der modernen industrialisierten Ernährung enorm viel, wie etwa die Haltbarkeit der Lebensmittel. Auch, bis auf einige Ausnahmen, die Abschaffung der Unterernährung. Gleichzeitig haben wir kluge, über Jahrhunderte überlieferte Essensregeln abgeschafft. Statt unsere Beziehung zu Lebensmitteln mit Respekt aus der Erfahrung an Mangel zu gestalten, kennen wir heute nur noch den Überfluss. Die ständige Verfügbarkeit von Lebensmitteln und den Preis.
Dass man etwa regelmäßig fastet, Brot nicht wegwirft, Reste wiederverwertet oder am Freitag kein Fleisch ist, wird weggeblendet. Zum Thema Brot sagte man uns Kindern: Altes Brot ist nicht hart… kein Brot ist hart. Diese Haltung wurde ersetzt durch Zeitgeist-Produkte.
Wenn wir staatliche Bevormundung mit immer mehr willkürlichen Verboten verhindern wollen, muss das Verhalten geändert werden. Trends wie Vegan, Vegetarier, Flexitarier werden mehr. Mehr Allergien und Unverträglichkeiten nehmen zu. Aber hier sind wir in der Preisfalle. Pflanzenbasierte Ernährung ist teuer. Vor allem, wenn wir mehr Frische essen wollen. Und tragischerweise vom Kalorienbedarf her viel teurer als Fleisch. Ob die industrialisierten Ersatzprodukte auch gesund sind, kann man noch nicht nachweisen. Diese Ersatzprodukte müssen mit Nahrungsergänzungsstoffen angereichert werden, damit sie eine ausreichende Ernährung sicherstellen. Diese Stoffe werden aber fast ausschließlich synthetisch hergestellt.
Jeder soll sich so ernähren, wie er es für richtig hält. Es gibt nicht die eine Wahrheit. Auch sollte man seine eigene Meinung nicht zu sektirisch, vor allem nicht belehrend anderen gegenüber ausdrücken. Die Art wie wir uns in den letzten hundert Jahren und länger ernährt haben, ist ja nicht nur Sättigung. Es ist Kulturgut, Tradition und ein großer Wirtschaftsfaktor. Nicht zu vergessen auch Natur- und Landschaftspflege. Unsere Kulturlandschaft, wie wir sie kennen und lieben ist Teil von Tierhaltung, auch zur Ernährung. Im ländlichen Raum hängen viele Familienbetriebe und auch Arbeitsplätze an der Ernährung mit tierischen Produkten. Pflanzliche Ernährung schafft viele Monokulturen, wie den Anbau von Soja, was uns abhängig macht. Bei der Ernährung mit tierischen Produkten kommt natürlicher Dünger in den Kreislauf. In einem Samstags-Magazin der Badischen Zeitung war ein sehr interessanter Artikel zum Thema Ernährung. Einige meiner Äußerungen kommen aus diesem Artikel.
Bio-Anbau können sich nur reiche Länder erlauben. Bio-Anbau bringt 20% weniger Ertrag. Bei Getreide sind es fast 50%. 2022 waren es fast 8 Milliarden Menschen auf der Erde. Wenn es so weiter geht, bald 9 Milliarden. Missernten, Extremwetter und Klimawandel verursachen heute schon eine Verknappung an Grundnahrungsmitteln. Dazu kommt der Ukraine-Krieg.
Bei der Erzeugung von tierischen Lebensmitteln muss auch ein Umdenken erfolgen. Es gehen zu viel Kalorien bei der Verfütterung von Soja und Getreide an Tiere verloren. Das kann der Mensch selbst als Ernährung zu sich nehmen. Etwas, was der Mensch aber nicht essen kann und was reichlich wächst, ist Gras. Gras gibt es fast überall und es wächst fast von allein. Rinder, Schafe, Ziegen, Wild, usw. machen Gras für den Menschen essbar und produzieren hochwertiges Protein. Eine tägliche, ordentliche Menge Milchprodukte sind unersetzbar für eine gesunde Ernährung, vorausgesetzt man hat keine Allergie. Fleischkonsum ist zwar im Gegensatz zu den Milchprodukten ohne gesundheitliche Folgen ersetzbar, aber das benötigt ein hohes Maß an Disziplin und ist mit Fokus auf die Ernährung wesentlich teurer.
In Regionen, in denen Boden und Witterung keinen Ackerbau zulassen, sind tierische Nahrungsmittel die einzige Möglichkeit hochwertige Nahrung für den Menschen zu generieren. Mit Maß genossen sind tierische Produkte also nicht nur sinnvoll, sondern für die globale Ernährung notwendig.
In der Lebensmittelzeitung, die größte Fachzeitung für Lebensmittel, war ein Artikel zu dem Thema von Prof. Peer Ederer. Ich zitiere: „Landwirtschaft ist auch wichtig für unser Klima. Die Photosynthese in Kombination mit Weidetieren ist die einzig im Großmaßstab funktionierende Methode, mit der CO 2 wieder aus der Luft gebunden wird und wieder in den Boden eigetragen wird und damit der Klimawirkung entzogen wird. Wir brauchen eine innovationsstarke, mit Leidenschaft geführte Landwirtschaft mehr und dringender denn je, denn sie hält den einzigen bekannten Schlüssel zur CO 2 Entnahme in der Hand.“
Diese Landwirtschaft sollte, nein muss aber auch Geld verdienen, sonst sterben die Betriebe aus.
Es ist 5 vor 12 – immer mehr Landwirte geben auf.
Wir haben eine gute Landwirtschaft, auch in unserer Region. Bei aller Technik und modernsten Anbaumethoden ist die heimische Landwirtschaft nicht in der Lage, die Bevölkerung voll und ganz zu ernähren. Ein weiteres Problem ist die Fischerei. Fisch ist ein hochwertiges und überaus gesundes Lebensmittel. Die Meere sind überfischt, die großen Fangschiffe, besser schwimmende Fabriken, fischen mit ihren riesigen Netzen alles heraus. Mittlerweile kommt sehr viel Fisch aus Aquakulturen, die eine Belieferung mit Fisch einigermaßen sichern. Geschützte Tierarten, die fast ausgestorben waren, jetzt aber unter Artenschutz stehen, vermehren sich rasant, da sie keine natürlichen Feinde mehr haben. Ich spreche von der Kegelrobbe in der Nord- und Ostsee und von den Kormoranen. An der Nord- und Ostsee leben ca. 9000 Kegelrobben. Eine Robbe verzehrt am Tag ca. 10 kg Fisch, das sind am Tag 9 Tonnen Fisch. Kormorane leben in Deutschland ca. 130.000. Ein Kormoran verzehrt am Tag ca. 350 Gramm Fisch, das sind am Tag 45,5 Tonnen Fisch. Wir müssen diese Tiere nicht ausrotten. Wir müssen aber darüber nachdenken: Macht es Sinn, wenn solche Tierarten sich überproportional vermehren?
Unsere Erde ist der einzige Planet, den wir zur Verfügung haben, um die Menschheit zu ernähren. Dem Welt-Ernährungs-Programm der Vereinten Nationen zufolge hat der Ukraine-Krieg die globale Ernährungskrise zusätzlich verschärft. Waren im Februar 2022 weltweit 283 Millionen Menschen akut von Hunger betroffen, sind es ein Jahr später 345 Millionen. Grund dafür sind die reduzierten Getreideliefermengen aus der Ukraine und Russland, was den Preisindex für Lebensmittel auf ein Zehnjahreshoch getrieben hat. Ohne die beiden führenden Exportländer für Getreide ist die globale Ernährungskrise nicht in den Griff zu bekommen. Hinzu kommen drastische Preissprünge beim Dünger, der sich seit Februar 2020 um rund 200 Prozent verteuert hat. Wie mit den Kegelrobben und Kormoranen, so gibt es noch einige Beispiele… wenn es die natürlichen Feinde nicht mehr gibt, erhöht sich der Wettbewerb um die vorhandenen Nahrungsmittel. Ideal wäre es, sich flexibel zu ernähren. Nicht zu viel Fleisch zu essen. Es muss nicht jeden Tag Fleisch sein und wenn Fleisch, dann wenig, aber gutes Fleisch. Es gibt tolle Gemüsesorten, Salate, usw. Wir haben die Möglichkeit der Abwechslung, das ist nicht überall und bei allen möglich. Wie eingangs schon gesagt: Jeder wie er es für richtig erachtet. Wichtig ist es , sich ausgewogen und gesund zu ernähren. Bei aller Abwägung was wir essen, muss die Versorgung gesichert sein. Die Zeiten können sich ganz schnell ändern. Die letzten Jahre haben uns gezeigt, wie schnell eine Versorgung nicht mehr voll und ganz funktioniert. Getreide, hochwertige Öle kamen zu günstigen Preisen hauptsächlich aus der Ukraine. Zusätzlich haben globale Multis die Situation gnadenlos ausgenutzt, die Preise zu erhöhen. Große Lebensmittelversorger wie die EDEKA, auch REWE akzeptierten die überzogenen Preise nicht. Daraufhin haben die Multis die Belieferung eingestellt. Das alles führte zu einer bisher unbekannten Inflation. Deshalb sollten alle an eine Grundversorgung denken. Mineralwasser, Öle, Konserven, Teigwaren, auch Wurst und Fischkonserven sind lange haltbar und lassen sich sehr gut aufbewahren. Diese Vorräte müssen aber gepflegt werden. Immer wieder entnehmen und ersetzen. Unsere Bestände in den Märkten der wichtigen Lebensmittel sind 3–4 Tage. Ebenso bei unserem Hauptlieferant, der EDEKA. Auch die Industrie hat keine große Bevorratung. Früher sagte man, der Kluge schafft Vorrat an.
Ihr Jörg Hieber“